Freitag, 2. September 2016
HEILBRONNER STIMME

Auslagen werden zu Ausstellungsorten

NECKARSULM Tausend Schritte Kunst in der Innenstadt -Aktion spielt mit Kontrasten und Harmonien

Erdmännchen im Reisebüro, Laubblätter im Fotogeschäft, ein Leuchtturm im Modehaus. Wenn in Neckarsulm das Ganzhornfest naht, sind in vielen Schaufenstern in der Innenstadt jedes Jahr interessante Entdeckungen zu machen. Denn bei der Aktion Tausend Schritte Kunst stellen Mitglieder der Kunstfreunde in den Auslagen der Geschäfte eine Auswahl an Werken aus: Das Spannende daran: Mal setzen die Kompositionen auf Kontraste, mal setzen sie auf Harmonien. Da stehen grobe Plastiken neben feinen Stoffen, da finden sich die Farben der Gemälde auf Buchcovern wieder.

Mit Pastellkreide erzielt Matthias Wagner verblüffende plastische Effekte. Zu sehen ist sein Ebony Jesus beim TUI Reisecenter Michigan Tours.
Foto: Christoph Feil



„Ist es das 20. oder das 21. Mal”, rätselt Thomas Diemer, vor dessen Modehaus der Eröffnungsrundgang mit Künstlern und Geschäftsinhabern am Mittwochabend startet. Die Antwort weiß keiner so genau. „Auf jeden Fall gibt es die Aktion schon ziemlich lange”, betont der ehemalige Vorsitzende des Gewerbevereins. „Es ist immer etwas Neues, Kreatives und Einzigartiges", lobt seine Nachfolgerin Pauline Spies vom Reisebüro Michigan Tours. Sie findet: „Es sind tolle Präsentationen in einem anderen Licht". Noch bis 18. September sind die Arrangements in den Vitrinen zu sehen.

In diesem Jahr zum ersten Mal dabei ist Olga Berndt. „Ich male schon seit vielen Jahren und habe einen Verein gesucht", erklärt das Neumitglied der Kunstfreunde. Derjenige in Heilbronn sei ihr zu groß gewesen. In Neckarsulm wurde sie dagegen fündig. Für ihre Serie Stadt und Leute hat sie Acrylfarbe mit Feinsand vermischt. In bis zu 20 Schichten hat sie dieses Gemisch dann auf die Leinwand aufgetragen - ein langwieriges Verfahren. Zu sehen sind ihre expressiven Gemälde unter anderem in der Auslage von Modehaus Diemer.

Verschenken Als „ganz schnelle Arbeiten" stellt hingegen Elisabeth Gebhardt ihre Skulpturen vor. Ihre Nymphe und ihren trojanischen Krieger hat sie zunächst mit einem Stock aus Tonbatzen geschlagen. Anschließend hat sie diese mit Schellack übergossen und sie in Epoxidharz gießen lassen. Zum Schluss wurde eine Bronzeschicht aufgebracht. Was mit ihren Werken nach Ausstellungen geschieht? „Ich verschenke viel an Freunde und Bekannte", gesteht die Bildhauerin.

Männer sind unter den Künstlern in der Unterzahl. Einer von ihnen ist Gerhard Brunnemer. „Dieses Mal habe ich es ruhig angehen lassen", erzählt der Maler. Statt abstraktem Action Painting hat er sich für farbkräftige Landschaftbilder entschieden, wie etwa bei seinem Werk Weißes Haus am Meer. Weit entfernt zeichnet sich dieses am Horizont ab - zwischen grünen Wiesen und blauem Himmel. „Ob jemand drin wohnt, weiß ich nicht", sagt Brunnemer schmunzelnd. „Das ist der Phantasie überlassen."

Inspiration Diese, wird bei Ingrid Scheib vor allem durch Fotos angeregt, seien sie aus der Zeitung oder aus Werbeprospekten. „Die Dame war blass", erinnert sich Scheib etwa an eine Abbildung, die ihr als Vorlage diente. Also setzte sie in ihrer Umsetzung auf einen kräftigeren Teint. Farblich passend fügt sich ihre Reihe Spiegelungen nun im Schaufenster der Buchhandlung Chardon dem neuesten Roman von Amelie Fried. „Die kenne ich nicht",
verrät Scheib, „aber vielleicht lese ich die jetzt mal".

Auswahlverfahren
„Die Künstler bewerben sich mit einer Vita und Fotos", beschreibt die Vorsitzende der Kunstfreunde Neckarsulm, Ulrike Bender, das Verfahren. Ein Gremium aus sechs Mitgliedern treffe dann eine Auswahl. Aber: Um überhaupt an der Schaufensteraktion teilnehmen zu können, müsse man Mitglied sein, stellt Bender klar. Denn: „Wir legen Wert darauf, dass sich die Leute im Verein engagieren." Beliebt seien vor allem zentrale Orte wie das Modehaus Diemer oder die Rats-Apotheke, so die Vorsitzende. Konkurrenz kämpfe gebe es darum jedoch nicht.
„Wer letztes Jahr dort ausgestellt hat, erhebt in diesem Jahrnichtwiederden Anspruch." Ob Fotografie, Gemälde oder Skulptur-Vorgaben mathe man den Künstlern keine. Einzige Einschränkung: ,,Die Geschäfte geben die Größe vor", erklärt Bender.

Von unserem Redaktionsmitglied Christoph Feil

Heilbronner Stimme

 

Beim Eröffnungsrundgang erklärt Elisabeth Gebhardt Kunstfreunden und Geschäftsinhabern ihre Skulpturen.              Foto: Mario Berger
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